Im Schwangerschaftskonflikt?
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Interview: Mit der Mutter zur Beratung?

Die meisten Mädchen gehen mit ihrer Mutter zur Schwangerschaftsberatung. Das ist nicht immer leicht. Oft haben sie unterschiedliche Vorstellungen davon, wie es weiter gehen soll. Ein Gespräch mit der Kölner Beraterin Roswitha Keck-Bock.

Wer begleitet jugendliche Schwangere zur Schwangerschaftsberatung?

Sehr viele Mädchen kommen in Begleitung ihrer Eltern zu uns, häufig mit der Mutter. Die meisten Mädchen sind verständlicherweise sehr unsicher und deshalb froh, wenn die Mutter dabei ist. Allerdings sind sich Tochter und Mutter oft nicht einig und streiten dann viel.

Wäre es besser, wenn die Schwangere allein zur Beratung käme?

Schön wäre, wenn das Mädchen erst einmal ohne die Mutter kommen würde, vielleicht mit dem Freund oder einer Freundin. Das gibt mehr Sicherheit, und vier Ohren hören mehr als zwei. Dann können wir in Ruhe besprechen, was los ist. Wie geht es ihr? Welche Wünsche und Hoffnungen hat sie, welche Sorgen? Es ist wichtig, dass die Schwangere herausfindet, was sie selbst will und braucht.

Später können dann die Eltern dazukommen. Schließlich tragen sie die Verantwortung für ihre Tochter. Außerdem ist auch ihr Leben durch die Schwangerschaft ziemlich durcheinander geraten. Oft haben sie selbst viele Fragen und brauchen Informationen.

Wo gibt es oft Probleme zwischen Tochter und Mutter?

Wenn sie zusammen zur Schwangerschaftskonfliktberatung kommen, ist es oft so: Das Mädchen ist noch unentschieden oder will das Kind unbedingt haben, manchmal auch ein wenig blauäugig. Die Mutter aber sagt: Tu dir das bloß nicht an, du bist noch zu jung! Wer soll sich denn um das Kind kümmern?

Worüber ist es schwer, mit der Mutter zu reden?

Manchmal hat ein Mädchen nicht so genau bei der Verhütung aufgepasst. Vielleicht hat sie gehofft, dass der Freund sie jetzt nicht mehr verlassen könne. Oder sie hatte keine Lust mehr auf die Schule. Andere dagegen sagen: Ich habe so viel Schlechtes in meiner Kindheit erlebt, ich werde alles besser machen als meine Eltern und von meinem Kind ganz viel Liebe zurückbekommen. Darüber zu reden ist schwer.

Aber es ist wichtig, über die eigenen Hoffnungen und Wünsche zu reden, und das geht oft besser, wenn die Mutter oder die Eltern nicht dabei sind. Wir nehmen uns hier viel Zeit und können alles besprechen. Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten als ein Kind, Liebe und Geborgenheit zu finden und dem Leben einen Sinn zu geben. Wir helfen der Schwangere herauszufinden, was im Augenblick gut für sie ist.

Welche Sorgen haben die Mütter?

Sie fühlen sich oft nicht nur für ihre Tochter, sondern auch für das Kind in deren Bauch verantwortlich. Sie fragen sich, wie das alles gehen soll. Und natürlich sorgen sie sich um die berufliche Zukunft ihrer Tochter.

Häufig sind die Mütter selbst noch recht jung und haben noch kleinere Kinder. Vielleicht wollten sie gerade wieder in den Beruf einsteigen und haben jetzt Angst, wegen der Betreuung des Babys ihrer Tochter zu Hause bleiben zu müssen. Bleibt das Mädchen bei den Eltern wohnen, ist das ja tatsächlich oft der Fall.

Und wenn Tochter und Mutter sich in der Beratung nun ständig streiten?

Wir haben hier im Kölner Gesundheitsamt das Glück, eine Gruppe für junge Schwangere anbieten zu können. Sie heißt JUSCH, das ist die Abkürzung für Jung Und Schwanger. Da kommen die Jugendlichen ohne ihre Eltern hin, um mit anderen in der gleichen Situation zu reden oder sich von uns beraten zu lassen.

Hier ist es oft leichter, die eigenen Ziele zu erkennen, worüber sich dann besser mit der Mutter reden lässt. Dieses Angebot können wir schon in der ersten gemeinsamen Beratung machen. Sagen die Mädchen dann zu, fühlt sich die Mutter meist auch nicht weggestoßen.

Wenn sich die Eltern des Mädchens für alles verantwortlich fühlen, können wir sie auch in einer eigenen Beratung als werdende Großeltern entlasten. Wir raten zum Beispiel meist dazu, es bei der Amtsvormundschaft des Jugendamtes für das Baby zu belassen. Das entschärft so manchen Konflikt zwischen Tochter und Mutter, weil das Jugendamt beiden Seiten Unterstützung anbietet.

Wann ist es gut, dass die Mutter dabei ist?

Sind sich Tochter und Mutter einig, oder ist eine Entscheidung gefallen, ist die Mutter häufig eine wichtige Unterstützung. Oft schreiben sich beide vor der Beratung eine Liste von Fragen auf. Während ich dann mit der Schwangeren rede, schreibt die Mutter die wichtigen Infos mit. Die Mutter weiß, was es bedeutet, schwanger zu sein und ein Kind zu bekommen. Diese gemeinsame Erfahrung von Tochter und Mutter kann beide näher zusammenbringen.

Häufig erfährt die Tochter in der Beratung zum ersten Mal, wie ihre Mutter die eigene Schwangerschaft erlebt hat und wie es ihr als Mutter geht. Manchmal wissen Mütter auch, was es heißt, eine Schwangerschaft abzubrechen. Doch egal ob es darum geht, die Schwangerschaft auszutragen oder zu beenden: Es ist in jedem Fall wichtig, die Gefühle von Tochter und Mutter auseinander zu halten. Meist findet sich dann auch eine Lösung, mit der alle leben können.

Manche Schwangere sind vollkommen allein und wissen nicht wohin. Andere trauen sich nicht, mit ihren Eltern zu reden.

Ich wäre froh, wenn sie alle zu einer Schwangerschaftsberatungsstelle gehen würden. Wir haben absolute Schweigepflicht. Man kann sich auch unter falschem Namen anmelden. Wenn ein Mädchen das möchte, erfahren weder die Eltern, noch die Schule oder irgendein Amt etwas von dem Gespräch. Selbst wenn sich jemand illegal in Deutschland aufhalten oder von der Polizei gesucht werden sollte, verständigt hier niemand die Polizei.

Kein schwangeres Mädchen sollte mit ihren Sorgen allein sein oder gar ihr Baby allein zur Welt bringen. Eine Schwangerschaftsberatungsstelle weiß, welche Hilfen es am Ort gibt, und was zu tun ist.

Roswitha Keck-Bock ist Diplom-Sozialarbeiterin. Sie berät im Kölner Gesundheitsamt jugendliche Schwangere und ihre Familien. Außerdem leitet sie die Gruppe „Jung Und Schwanger“ (JUSCH). Dort treffen sich jugendliche Schwangere zum Erfahrungsaustausch.