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Abi mit Kind: Windeln wechseln zwischen Matheaufgaben

"Da ist eine, die bekommt ein Kind!" Dieser Satz verbreitete sich rasend schnell in meiner Schule. Und diese eine, das bin ich – Jana. Und das Kind ist meine mittlerweile zweijährige Tochter Lotta. Wie wir beide gemeinsam unseren Alltag gemeistert und wie ich dabei Kind und Schule unter einen Hut bekommen habe, davon möchte ich berichten.

Allein schwanger – und doch nicht allein.

Richtig angefangen hat alles in der Elften. Ich war zwar auf den ersten Blick eine ganz normale Schülerin, aber es gab einen kleinen, damals wirklich noch sehr kleinen Unterschied zwischen mir und den anderen: ich war schwanger. Diese Nachricht hat sich natürlich sehr schnell rumgesprochen, und ich denke, viele haben geschockt oder auch negativ reagiert. Denn es gibt nun einmal leider fast ausschließlich negative Vorurteile gegenüber jungen Müttern, und ich war schließlich gerade einmal 17.

Meine Familie, meine Freunde und auch meine Lehrer haben positiv reagiert. Ich war mir also sicher, dass ich Menschen um mich hatte, die zu mir standen und mich unterstützten. Deshalb kam es für mich gar nicht in Frage, mich zwischen Schule und Kind zu entscheiden.

Weiter zur Schule – nicht trotz, sondern wegen des Kindes

Obwohl es von Anfang an feststand, dass ich alleinerziehend sein würde, war ich mir sicher, dass ich die Rolle als Schülerin und Mutter schaffen würde. Unter anderem auch, weil ich mir nicht vorgenommen hatte, die Schule trotz meines Kindes fortzuführen, sondern vor allem wegen meines Kindes.

Ich bin also nach Absprache mit allen Verantwortlichen vorerst normal weiter zur Schule gegangen. Mit meinem Bauch wuchs auch die Akzeptanz und die Neugierde der anderen. Zum Teil kam es mir so vor, als würden sich viele Menschen nicht trauen, mich auf meinen Bauch anzusprechen. Einige fragten auch dagegen alles, was sie interessierte. Ich habe die Fragen gern beantwortet, wie ich es auch heute noch tue.

Die Monate vergingen problemlos und im März des folgenden Jahres war es dann so weit. Ich bin noch zur Schule gegangen, da es mir und meinem Kind gut ging. Ich fehlte gelegentlich wegen Arztterminen, ging aber auch zwei Tage vor der Geburt noch zur Schule. Ich hatte auch keine Probleme mit meinen Noten, im Gegenteil. Meine Schulnoten in der Elften waren wesentlich besser als die der 10. Klasse. Aber ich hatte ja auch eine Motivation, die sich dann bald endlich sehen ließ.

Endlich da – und alles ändert sich

Meine Tochter Lotta zeigte sich nach neun Monaten Schwangerschaft gesund und munter und veränderte von einem auf den anderen Tag mein Leben. Von diesem Tag an musste ich auch aus versicherungstechnischen Gründen acht Wochen zuhause bleiben. In diese Zeit fielen aber glücklicherweise die Osterferien, sodass ich nur sechs Wochen Schule verpasste. In diesen acht Wochen hatten Lotta und ich Zeit, uns aneinander zu gewöhnen und uns als Team einzuspielen.

Natürlich kamen uns Freunde besuchen. Sie wollten selbstverständlich die kleine Lotta sehen und brachten mir auch Schulunterlagen mit, wofür ich ihnen sehr dankbar war! Denn so konnte ich zuhause etwas lernen und hatte einen groben Überblick, was in meiner Abwesenheit in der Schule vor sich ging.

Zum Stillen in die Schule

Die Babypause verlief sehr gut und Lotta und ich hatten schnell unseren Alttag soweit geregelt, dass es mir möglich war, nach diesen acht Wochen wieder zur Schule zu gehen. Lotta war in der Zwischenzeit immer bei meiner Mutter. Ich habe mich gefreut, dass alles so gut verlief, doch war die darauffolgende Zeit wirklich nicht leicht.

Ich musste mich jeden Morgen von meiner Tochter verabschieden. Obwohl ich sie jede erste große Pause zum Stillen gesehen habe, fiel es mir am Anfang sehr schwer. Auch in der Schule war es nicht leicht. Meine Noten sackten erst einmal ziemlich ab, denn ich hatte doch einiges verpasst.

Einsatz rund um die Uhr

Erholen konnte ich mich nur nachmittags, während ich mich um meine Tochter gekümmert habe. Denn abends musste ich mich an den Schreibtisch setzen, meine Hausaufgaben machen und lernen. Diese abendliche Prozedur stellte meine Disziplin auf eine harte Probe, denn ich musste mich immer wieder aufs Neue überwinden, mich an meinen Schreibtisch zu setzen anstatt mich ins Bett fallen zu lassen.

Etwas leichter wurde es dann in der Zwölften. Lotta und ich hatten uns in den Sommerferien gut erholt und vorbereitet. Meine Kleine konnte nach den Ferien in eine KiTa, da ich sie weniger stillte. So wurde nicht nur meine Mutter entlastet, sondern auch Lotta und ich. Denn meiner Tochter blieben die morgendlichen Autofahrten zum Stillen in der Schule erspart und ich konnte in den Schulpausen entspannen. Ich konnte meine Noten wieder verbessern und mich morgens ganz auf die Schule konzentrieren.

Lotta hat sich in der KiTa total wohl gefühlt und sich dort schnell eingelebt. Da ich eine Erzieherin schon sehr lange kannte, wusste ich auch, dass es Lotta dort gut ging.

Alles eine Frage der Planung

So verging viel Zeit, in der unsere Tage durch einen geplanten Tagesablauf strukturiert waren. Jeden Morgen um 6.15 Uhr aufstehen, schnell fertig machen und zur Schule, beziehungsweise in die KiTa gehen. Nach der Schule hat Lotta immer schon zuhause auf mich gewartet, da sie von meiner Mutter etwas früher abgeholt wurde. Der Nachmittag wurde immer mit Krabbelgruppe, Spaziergängen, etc. kindgerecht gestaltet, so dass wir beide unsere eingeschränkte gemeinsame Zeit möglichst gut genießen konnten. Und abends, wenn Lotta im Bett war, habe ich meine Schulsachen erledigt.

Besonders anstrengend war es zu Klausurphasen, wo ich zu meinen Hausaufgaben, die ich zum Teil kaum an den kurzen Abenden geschafft habe, auch noch viel lernen musste. Da wurden die Abende immer etwas länger, aber ich hatte ja noch die Wochenenden, um mich etwas zu erholen.

Freizeit nur dank Teamarbeit

Am Wochenende ging ich gelegentlich auch mal weg. Dann haben meine Mutter oder meine Schwester auf Lotta aufgepasst, was sogar abends nichts so einfach ist. Denn Lotta gehört zu den Kindern, die nicht durchschlafen. Sie wurde immer mehrmals abends und nachts wach, aus den unterschiedlichste Gründen. Das hat sich bis heute leider nicht geändert, wie auch so manch anderes nicht. Wir haben im Prinzip noch den gleichen Tagesablauf, haben nur unsere Mini-Familie etwas erweitert und damit alles etwas komplizierter, aber auch schöner gemacht.

Minifamilie mit Ersatzpapa

Denn Nono, wie Lotta meinen Freund und ihren Ersatz-Papa nennt, hilft mir einerseits mit Lotta und nimmt sie mir zum Beispiel ab, wenn ich völlig übermüdet bin. Doch es ist auch schwierig einen so strukturierten Tagesablauf wie wir ihn haben, dann plötzlich auf drei Personen umzustellen. Eine Beziehung braucht auch Zeit für sich, und die einzige Tageszeit, die nicht durch Lotta bestimmt wird, ist der Abend, der aber meist mit Schulsachen verplant ist.

Jetzt muss ich zusehen, wie ich abends sowohl meine Schulaufgaben erledigt bekomme, als auch etwas Zeit mit meinem Freund verbringen kann. Es ist gar nicht so einfach, alles so zu regeln, dass nichts und niemand zu kurz kommt. Aber bis jetzt hat immer alles irgendwie recht gut gepasst, und bald wird sich ja auch einiges ändern. Denn das Ende meiner Schulzeit steht vor der Tür, und ich freue mich schon darauf, endlich den ganzen Tag für meine Tochter da sein zu können und am Abend einfach mal nichts zu machen, was zumindest bis zum Beginn meines Studiums der Fall sein wird.

Alles in allem – wunderschön und anstrengend

Die letzten drei Jahre waren also im Großen und Ganzen zwar einerseits sehr anstrengend und nicht leicht, doch waren es auch wunderschöne Jahre. Wenn es etwas anderes gewesen wäre als meine Tochter, was mich so beansprucht hätte, dann wäre ich wohl längst nicht so weit gekommen, wie ich es heute bin. Denn wenn man ausnahmslos jede Nacht mehrmals geweckt wird, wenn man nach der Schule sich nicht mal kurz hinsetzen und ausruhen kann, wenn man 24 Stunden am Tag eine Aufgabe hat, dieser nachkommen muss und seine eigenen Bedürfnisse zurückstellen muss, völlig egal wie müde und erschöpft man ist, und man dazu dann noch Schule hat, braucht man nicht nur viel Kraft, sondern auch viel Unterstützung.

Kraftquelle Kind

Von meiner Tochter selbst habe ich so viel Kraft und Motivation bekommen, dass es mir immer irgendwie möglich war, alles zu schaffen. Sie hat der ganzen Arbeit einen Sinn gegeben, und ich habe wegen ihr nie daran gedacht, die Schule abzubrechen. Zudem hat sie mir nicht nur Motivation, sondern auch Inspiration gegeben. So manche Schulaufgabe, die Kreativität verlangte, habe ich auf meine Tochter bezogen, wie zum Beispiel eine Bilderreihe in Kunst, oder auch ein selbst geschriebenes Sonett im Deutsch Leistungskurs.

Umgekehrt war es zum Teil auch der Fall, dass meine Schulaufgaben meinen Umgang mit meinem Kind beeinflusst haben. Denn im Pädagogik Leistungskurs habe ich sehr viel gelernt, was bei der Erziehung von Kindern und dem besseren Verständnis kindlicher Verhaltensweisen hilft.

Ganz wichtig – liebe Menschen

So hat sich also meine Rolle als Mutter gut an meine Rolle als Schülerin angepasst, wie auch umgekehrt. Und weil das zum Glück so gut funktioniert hat, und weil ich so liebe Menschen um mich habe, die mir in schweren Situationen geholfen haben, habe ich es geschafft, meine Schullaufbahn erfolgreich zu beenden, obwohl sie die letzten Jahre an zweiter Stelle stand, hinter meiner kleinen süßen Lotta.

Sonett für Lotta

Verborgen ist´s erst ganz, umhüllt von warmem Schein,
Es schläft und wacht und ruht, geschützt von weichem Schilde.
Die Welt sieht´s vorerst nicht, entwickelt sich ganz milde,
In Mamas Bauch ganz tief entsteht das erste Sein.

Es wächst und wuselt sich, es streckt und strampelt wilde,
Ganz langsam wird es groß, bald ist der Platz zu klein.
Schon bald entfaltet sich ein kleiner Sonnenschein,
Erhellt die ganze Welt, verschönert unser Bilde.

Und wenn es einmal da, man wird´s vorerst nicht los.
Doch wer will auch entbehr´n, was wundervoller nicht
Auf Erd´ zu finden ist. Nur leider wird´s schnell groß.

Man weiß nicht, wie´s geschieht, erst fängt es an und kriecht,
Dann plötzlich läuft es schon, es springt von Mamas Schoß!
Und eh man sich versieht, ist es schon außer Sicht.

Jana Z. (2007)